Pharmazeutische Verfahrenstechnik
Mit Hilfe pharmazeutisch technologischer Prozesse werden, Substanzen, insbesondere aus Pflanzen, so aufbereitet, dass diese als Arzneimittel für Menschen sicher anwendbar sind. Die Pharmazeutische Verfahrenstechnik ist eine Wissenschaft, die dazu dient, Erkenntnisse zur Entwicklung, Herstellung, Analytik und Qualitätssicherung von Arzneimitteln vertiefen, damit auch zukünftig wirksame und sichere Produkte für die Gesundheitsversorgung von Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen.
Ziele
Vorrangiges Ziel unserer Abteilung ist die Weiterentwicklung pharmazeutischer Strömungsverfahren zur Herstellung von liposomalen Mistelpräparaten für eine moderne Krebstherapie. Bei dieser sollen sowohl die zytotoxischen Eigenschaften als auch die immunanregenden und Fieber induzierenden Eigenschaften der Mistel optimal zur Anwendung kommen. Langjährige Erfahrungen in der Misteltherapie zeigen: bei einer größeren Zahl von Patienten konnte eine vollständige Tumorremission erzielt werden, wenn es möglich war, hochdosierte intratumorale Injektionen von Mistelpräparaten durchzuführen. Leider ist eine intratumorale Applikation nur in wenigen Fällen praktisch durchführbar. Darüber hinaus konnte in retrospektiven Analysen nachgewiesen werden, dass akute fieberhafte Erkrankungen prognostisch günstig sind für die Heilungschancen und das Gesamtüberleben bei einer Krebserkrankung.
Aufgrund der genannten Therapieerfahrungen wurde folgendes Konzept für die Pharmazeutik von Mistelpräparaten entwickelt:
- Durch die Einbettung des Mistelextraktes in natürliche biologische Membranen werden Liposomen in dem Injektionspräparat erzeugt. Liposomen sind kugelförmige Membranbläschen (siehe Abbildung), die die Mistelinhaltstoffe vor den abbauenden Wirkungen des Immunsystems schützen.
- Liposomale Injektionspräparate reichern sich bei ausreichend langer Zirkulationsdauer im Tumorgewebe an. Dieses so genannte „Targeting“ kann durch die besonderen Bindungseigenschaften bestimmter Substanzen noch verstärkt werden (aktives Targeting).
- Durch die Freisetzung der Mistelinhaltsstoffe aus Liposomen können vergleichbare Effekte wie bei einer intratumoralen Applikation erzielt werden.
- Durch liposomale Formulierungen können die sowohl die Zytotoxizität der Mistel als auch die Fieber auslösende Wirkung verstärkt und verlängert werden.
Projekte
Wissenschaftliche Fragen und Technologie-Entwicklungen unserer Forschungsprojekte:
- Herstellung von Wasser-in-Öl Nanoemulsionen mit Phospholipiden als Emulgatoren
- Herstellung von Liposomen aus Wasser-in-Öl Nanoemulsionen durch Zentrifugationsprozesse
- Untersuchung der Synthese einer Phospholipid-Monoschicht zu einer Bischicht (biologischen Membran) im Zentrifugalfeld an Phasengrenzen nicht-mischbarer Flüssigkeiten
- Beschichtung von Liposomen mit biokompatiblen Polymeren wie z.B. Heparin für die Erhöhung der Zirkulationsdauer von Liposomen im Blutkreislauf und der Vermeidung ihrer Elimination bei wiederholter Arzneigabe
- Untersuchung der Funktion von Lipiden in der Humanphysiologie
- Kolloid-Stabilität liposomaler Suspensionen
Methodik
Alle experimentellen Arbeiten finden in enger Kooperation mit Universitäten statt und unter Verwendung modernster experimenteller Methoden und Messgeräte in den eigenen Laboren oder den Laboren der Kooperationspartner. Für die Entwicklung von Forschungskonzepten ist es ein besonderes Anliegen des Carl Gustav Carus-Instituts, die von J.W. Goethe in seinen naturwissenschaftlichen Schriften eingeführte ganzheitliche Betrachtung aufzugreifen. R. Steiner schließt sich in der erkenntnistheoretischen Begründung der Geisteswissenschaft an Goethe an. In verschiedenen Forschungsprojekten wird daran gearbeitet, Leitbilder für die Pharmazeutischen Prozesse für die Herstellung von Mistelpräparaten durch eine Zusammenschau der Einzelphänomene zu erhalten:
- Bedeutung und Funktion der Lipide in der Humanphysiologie
- Phänomenologie der Wärmelehre
- Phänomenologie der Akustik
Mitarbeiter
- Dr. G. Leneweit, Physiker
- S. Nikolaus, Diplom-Ingenieur (FH) Maschinenbau
- P. Wandrés, Mechanik
- Doktoranden sowie Bachelor- und Masterstudenten in Kooperation mit Universitäten
Kooperationspartner
In der pharmazeutischen Verfahrenstechnik bestehen intensive Kooperationen mit folgenden Partnereinrichtungen:
- Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Mechanik (MVM)
- Albert Ludwigs Universität Freiburg, Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie
- Universität Uppsala, Abteilung für Klinische Immunologie
- Universität Utrecht, Fakultät für Pharmazie
Möglichkeiten der Mitarbeit
- Promotionsstellen
- Bachelor- oder Master-Arbeiten
- Praktikumsstellen (ab 6 Monaten)
- Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD)
- Bundesfreiwilligendienst
Literatur
Siehe Literaturverzeichnis